Atomenergie lohnt sich nicht
 
Richtig rechnen, statt Mischfinanzierung
 
Egal, wie die japanische Katastrophe am Ende ausgeht, sie wirft ein schlechtes Licht auf die Rechenkünste der Politik. Sie war es, die vor vielen Jahren die Energieversorgungsunternehmen zur Nutzung der Kernkraft drängte. Die wollten nicht und begründeten das völlig richtig damit, dass sie Kosten und Nutzen nicht kalkulieren könnten, da man ja die Kosten für die sichere Lagerung der strahlenden Überreste nicht berechnen könne.
Doch statt nun selbst nachzudenken und zu überlegen, ob das wirklich die zukunftsträchtige Technik sei, für die man sie hielt, schlug die Politik vor, die Entsorgung durch den Staat zu übernehmen. Das war, wie man heute schon bei den Problemen mit Atommüll im Schacht Asse sieht, äußerst leichtfertig.
Einmalige Experimente - letzte Experimente
Da die Endlagerung des Atommülls nicht gelöst ist, dürfte man die Kernenergie eigentlich nicht nutzen. Es gab sogar mal ein entsprechendes Gerichtsurteil. Aber eigentlich genügt der gesunde Menschenverstand: Ein Lehrer, der im Chemieunterricht einen versuch macht, nach dem die Klasse den Chemiesaal verlassen muss (z.B. wegen Rauch, Gasen, oder Strahlung), der bekäme erheblichen Ärger mit der Schulleitung. Erst recht, wenn danach das Schulhaus abbrennt. Versuche, die man nur einmal machen kann, oder deren Folgen man nicht rückgängig machen kann, sollte man unterlassen.
Welches Erbe hinterlassen wir?
Das man seinen Nachkommen keine Schulden hinterlassen sollte, ist ebenfalls nichts Neues. Nur haben die Nachkommen normalerweise die Möglichkeit das Erbe auszuschlagen. Nicht so beim strahlenden Müll. Man kann zwar berechnen, bis wann er nicht mehr gefährlich sein wird, aber wie er bis dahin absolut sicher und zuverlässig von Menschen und Umwelt getrennt werden kann und was das kostet, weiß niemand.
Offenbar hat sich die Politik von der damaligen Stimmung der Technikbegeisterung, die zugleich eine Allmachtsphantasie des Menschen war, anstecken lassen. Das macht es verständlicher, aber nicht besser.
Unfälle trieben Kosten hoch
Schaut man sich die Folgekosten von atomaren Unfällen an (Tschernobyl, Harrisburg und jetzt Japan), dann wird klar, warum Kernkraftwerke keine, oder höchstens eine gedeckelte Haftpflichtversicherung haben. Selbst wenn niemand direkt zu Schaden käme, könnte allein eine Evakuierung von 100 000en von Menschen, sowie der damit verbundene Produktionsausfall riesige Kosten hervorrufen.
Die Nutzung der Atomenergie erfordert also nicht nur beim Bau und Betrieb, sondern auch hinterher erheblichen Aufwand. Wenn man dann noch bedenkt, wie viel menschliche Energie der Streit um die Nutzung der Kernkraft gebunden hat, geschweige denn die Demonstrationen und Proteste gekostet haben, dann wird deutlich, dass diese Technik keineswegs so billig ist, wie die sprudelnden Gewinne der Energiekonzerne glauben machen könnten. Die handeln etwa so, wie ein Hausbesitzer, dem es gelungen ist, die Müllabfuhr von der Stadt geschenkt zu bekommen. Er kann Müll machen, so viel er will, es kostet ihn nichts. Also kann er auch für die Wohnungen im Haus eine niedrigere Nebenkostenabrechnung erstellen, als der Nachbar, der brav seinen Anteil an den Müllkosten bezahlen muss. Es kommt also zu einer Wettbewerbsverzerrung.
Mischkalkulation verschleiert
Rechnet man nun zu den Kosten der Nutzung der Atomenergie auch noch die Folgekosten der wenigen großen Unfälle dazu, dann wird rasch klar, dass hier die Mischkalkulation (Energieversorger, Staat, Versicherungen, Betroffene) die tatsächlichen kosten verschleiert und zu falschen Entscheidungen führt.
Wirtschaftswissenschaftler haben im aktuellen Fall berechnet, was im schlimmsten Fall geschehen könnte: Kämme es zur Unbewohnbarkeit Tokios (35 Mio. Menschen), dann wären allein die wirtschaftlichen Folgen so groß, dass sie Japan allein nicht mehr bewältigen könnte (knapp ein Fünftel seiner Wirtschaft würde lahm gelegt) und es käme zu einer weltweiten Wirtschaftskrise. Allein dieses Scenario zeigt, dass diese Form der Energieerzeugung den Wohlstand der gesamten Welt gefährdet, selbst wenn es gelängt die allermeisten Menschen vor einer Verstrahlung zu bewahren. Was das Leid derer angeht, die hoher Strahlung ausgesetzt waren, braucht man nur die Berichte von Hiroshima, Nagasaki, oder der Leute zu lesen, die in Tschernobyl arbeiteten und lebten.
Andere Energieerzeugung?
Bevor man nun irgend eine Form der Energieerzeugung als ideal lobt, sollte man für jede die tatsächlichen und möglichen Folgekosten berechnen.
Dazu gehört eben auch, dass man früher nach Stadtbränden Feuerlöschteiche anlegte (siehe auch der Feuersee in Stuttgart auf meinem Bildern). Dazu gehört die Feuerwehr, das Netz der Hydranten, ja sogar die Bauvorschriften, die z.B. Feuergassen, Feuertreppen und Rettungswege vorschreiben. All das gehört in die Rechnung mit hinein, ja sogar das örtliche Klima (gibt es immer genügend Löschwasser?). Die Energieerzeugung dürfte deshalb auch örtlich unterschiedlich ausfallen.
Genaus solche Berechnungen sind nötig für alle Energiequellen und ihre Nutzung, um das Risiko klein und die Wirtschaftlichkeit für die gesamte Gesellschaft, die gesamte Welt groß zu halten.
Energiesparen?
Manchmal dürfte sich freilich zeigen, dass es am Günstigsten ist, künstlich beschaffte Energie erst gar nicht einzusetzen. Warum nicht kurze Strecken zu Fuß gehen, statt sie mit dem Auto zu fahren? Es wäre beispielsweise interessant auszurechnen, wann eine Uhr mit Uhrwerk effektiver ist und wann eine mit elektrische Uhr mit Batterien.
Es lohnt sich also richtig zu rechnen.
 
Carl-Josef Kutzbach
Mittwoch, 16. März 2011