DB auf Schadensersatz verklagen
Verstaatlichung erwägen
 
Da die Deutsche Bahn die Projektpartner 2009 mit falschen Zahlen zum Vertragsabschluss drängte und die Bundesregierung das auch wusste, oder wissen konnte (durch die Berechnungen des Bundesrechnungshofes), liegt Betrug vor. Damit müsste nach allgemeinem Rechtsempfinden der Vertrag nichtig sein.
Bevor die Folgen erörtert werden, noch eine Nebenbemerkung:
Ebenfalls beachtet werden muss, dass die angeblichen 2 Milliarden Ausstiegskosten zum Teil durch die Rückabwicklung des Grundstückkaufes durch die Stadt Stuttgart bedingt sind, was man wohl nicht als Verlust darstellen kann, selbst wenn das in der Bilanz so aussieht, denn man erhielt ja dafür von der Stadt Stuttgart ein zinsloses Darlehen, das in der Bilanz als Sondereinnahme verbucht wurde. Diese knappe halbe Milliarde ist also kein Verlust. Ebenso muss man sehen, dass die DB schon vor Beginn der Planungen 1994 den Stuttgarter Hauptbahnhof verkommen ließ und dadurch bis heute mindestens 1,5 Milliarden Renovierungskosten sparte. Man müsste also redlicher Weise die angeblichen Ausstiegskosten von 2 Milliarden um diese Beträge vermindern. Es bleiben allerdings Kosten für Planung, Material und vergebene Aufträge, sowie Renovierung des Stuttgarter Hauptbahnhofes übrig, die in etwa der Milliarde entsprechen könnten, die die Band im Herbst selbst wegen der fehlerhaften Planung zu tragen bereit gewesen ist.
Welche Folgen ergeben sich daraus, dass der Vertrag unter falschen Voraussetzungen unterzeichnet wurde:
  1. 1.   Stadt und Land sollten den Vertrag a) anfechten und b) bis zum Urteil jegliche Zahlungen einstellen. (Da Stadt und Land dreistellige Millionenbeträge beitragen, ist damit das Projekt nicht mehr wirtschaftlich und es müsste eingestellt werden.)
  2. 2. Stadt und Land verklagen die DB auf Schadenersatz. (Beschädigung funktionierender Infrastruktur, entgangener Nutzen von Park, Straßenraum und Arbeitszeit, vermeidbare Aufwendungen, wie etwa die Verlegung von Leitungen, oder unter falschen Voraussetzungen erstellte Genehmigungen und Gutachten, Zerstörung von Park und Stadtbild (der Hauptbahnhof war bis 1956, als er vom Fernsehturm abgelöst wurde, das Wahrzeichen der Stadt Stuttgart).
  3. 3.Bis zum Ausgang der Gerichtsverfahren gibt Stuttgart die Grundstücke nicht an die Bahn zurück (korrekterweise müssten sie an den Bund zurückgegeben werden, der aber zu Gunsten der Bahn diesen Verkauf seines Eigentums zuließ), verlangt allerdings für diese Grundstücke (Güterbahnhof, Wartungsbahnhof, Gäubahnstrecke) ein Nutzungsentgelt von der DB. Ob diese Grundstücke nach den Prozessen gegen Entgelt an die Bahn zurückgegeben werden, oder nicht, könnte man vom kooperativen Verhalten der Bahn abhängig machen.
Da weder Stadt noch Land die groben Planungsfehler der Bahn zu verantworten haben (die die Bahn im Herbst selbst eingestanden hat), hat die Bahn den Schwarzen Peter. Gegebenenfalls auch der oder die Bundesverkehrsminister, die der Misswirtschaft der Bahn nicht Einhalt geboten.
Da sich der Ausgang der Prozesse erst in einigen Jahren ergeben wird, wäre bis dahin ein Weiterbau unwirtschaftlich und damit für den Aufsichtsrat unzulässig. Da die Bahn (und in gewissem Maße ihr Besitzer der Bund) wissentlich und willentlich mit falschen Zahlen gearbeitet hat und obendrein für die erheblichen Fehlplanungen verantwortlich ist, hat die Bahn die Wahl:
  1.     Entweder die ganze Zeit den Bahnhof so zu lassen wie er jetzt ist mit seiner eingeschränkten Funktionstüchtigkeit, dem fehlenden Wetterschutz und den längeren Fahrzeiten, was sich negativ aufs Betriebsergebnis auswirken dürfte,
  2. oder aber zu versuchen die Prozesse auf dem Verhandlungswege zu vermeiden und den bestehenden Bahnhof so schnell wie möglich zu renovieren und zu sanieren, so dass zumindest seine Funktionstüchtigkeit wieder hergestellt wird, und die früher kürzeren Zugfahrzeiten wieder eingehalten werden können.
  3. Natürlich kann sich die Bahn auch stur stellen und versuchen in diejenigen Teile zu bauen für die es eine Genehmigung gibt, um durch die Macht des faktischen Stadt und Land dazu zu drängen die restlichen Genehmigungen zu erteilen. In diesem Fall müsste man die Bahn daran erinnern, dass ihre vierzigjährigen Planungen für Offenburg ihr als „nicht genehmigungsfähig“ zurückgegeben wurden und Ähnliches auch bei Stuttgart 21 zu befürchten ist. In diesem Fall bliebe Stuttgart 21 ein unwirtschaftlicher Torso, für den sich die Bahnführung gegenüber dem Bund und den Bürgern rechtfertigen müsste. (In diesem Zusammenhang muss man darauf hinweisen, dass es ein Unding ist, wenn ein Unternehmen seine führenden Mitarbeiter auf Unternehmenskosten von jeglicher Haftung durch eine Versicherung zu befreien versucht!)
Man muss sich bei dem Ganzen klar machen, dass hier ein Unternehmen, dass sich zu 100% im Besitz des Bundes befindet, sowohl den Bund, als auch Stadt und Land betrogen hat, indem es mit falschen Zahlen den Bau vorantrieb. Es wäre schon allein deshalb sinnvoll das Netz, oder den gesamten Betrieb wieder in ein Staatsunternehmen zurück zu verwandeln und eine wesentlich strengere Kontrolle durchzuführen. England hat ja erlebt, wie eine Privatisierung des Gleisnetzes zu Unfällen mit Toten führte, weil - ähnlich wie bei der DB (das zeigen die weit verbreiten Langsamfahrstellen und und Baustellen) - die Instandhaltung vernachlässigt wurde. Seit England das Netz wieder verstaatlichte, ist es, dank erheblichem Aufwand, wieder in gutem Zustand.
Ob die Bahn betriebswirtschaftlich Gewinn macht, oder nicht, ist für den Steuerzahler und die Bahnbenutzer zweitrangig, denn die Bahn war vor der Privatisierung ziemlich pleite und hat jetzt noch 16 Mrd. (oder mehr, wenn man den Sanierungsstau mit einbezieht) Schulden. Wenn die Bahn Gewinne ausweist, dann dank der Subventionen durch den Staat, der dafür einen Teil der Gewinne erhält. Es wird also nur Geld von einer Tasche der öffentlichen Hand in eine andere verschoben.
Wass würde bei S21 geschehen?
Die Bahn würde auf etwa einer Milliarde Kosten dank der eigenen Fehlplanungen sitzen bleiben. Sie müsste die gesparten Renovierungs- und Sanierungsmittel für den Hautbahnhof Stuttgart von etwa 1,5 Mrd. nun doch aufbringen (beim Neubau zahlt nicht die Bahn, sondern die öffentliche Hand, was aus Sicht der Bahn für den Neubau spricht). Dann allerdings hätte Stuttgart wieder einen funktionstüchtigen Bahnhof, den man, wenn tatsächlich Bedarf entstehen würde um weitere 4 unterirdische Gleise ergänzen könnte (siehe Vorschlag von Ostertag und Vieregg und Rössler). Die Renovierung könnte zumindest teilweise sofort beginnen, da für die Instandhaltung keine neuen Genehmigungen erforderlich sein dürften.
Für den Steuerzahler kämen bei dieser Variante Kosten von ca. 2,5 Mrd. zusammen, von denen 1,5 sowieso angefallen wären. S21 hätte also einen Schaden von etwa 1 Mrd. verursacht, wenn man mal von der Spaltung der Bevölkerung und den Kosten für den Streit absieht.
Beim Weiterbau, der nun nach Schätzungen der Bahn bei rund 6 Mrd. kosten würde (es könnte aber auch mehr werden), müsste man die 1,5 gesparten Mrd. wiederum abziehen und bekäme für 4,5 Mrd. einen Bahnhof der weniger Betrieb ermöglicht, weniger Behinderten- und Alten-gerecht ist, und der nicht mehr erweiterbar wäre. Dieselloks und Triebwagen (z.B. nach Tübingen) und historische Dampfzüge dürften ihn nicht anfahren.
Wie die Bahn darauf kommt, dass die Ausgabe von 4,5 Mrd. für sie günstiger sein soll, als die 1Mrd, die sie sowieso durch Fehlplanungen in den Sand gesetzt hat, lässt sich nur verstehen, wenn man betriebswirtschaftlich denkt und berücksichtig, dass der Neubau von der öffentlichen Hand getragen werden soll, während die Instandsetzung von der Bahn bezahlt werden muss (Bei der Albquerung nach Ulm zahlt die Bahn nur 2,54% der Kosten selbst!).  Aber selbst dann sind Zweifel erlaubt, ob 3,5 Mrd. Mehrausgaben wirklich sinnvoll sind und die emotionale Spaltung einer Stadt, sowie deren Beschädigung auf mindestens 20-30 Jahre rechtfertigt (1994-2022).
Volkswirtschaftlich ließe sich mit diesen 3,5 Mrd. sicher wesentlich Sinnvolleres bewirken und sei es nur, dass man diejenigen Projekte des Bundesverkehrswegeplanes vordringlich umsetzt, die einen höheren Kosten-Nutzen-Faktor aufweisen als S21.
Die Bahn hat sich bei S21 mit Rückendeckung und auf Betreiben  der Politik auf ein Spekulationsobjekt eingelassen, dass ursprünglich nichts kosten, aber 8% Gewinn abwerfen sollte (z.Zt. 2% Gewinn bei 6 Mrd. Kosten). Politiker in Baden-Württemberg haben bereits die Rechnung bekommen. Auch im Bund könnte es sein, dass die Bürger die Nase davon voll haben, dass sich Politiker und Unternehmensführer teure Denkmäler setzen lassen wollen, die der Bürger bezahlen soll (Berlinger Flughafen, Tiefseehafen in Wilhelmshaven, Elbphilharmonie, S21, gescheitere Magnetschwebebahn, 2. Stammstrecke in München), während die privatisierten Staatsunternehmen zig Tausende entließen (für deren Arbeitslosigkeit der Steuerzahler bezahlen soll) und nun nicht in der Lage sind frühere Standards zu halten (Berliner S-Bahn, Fahrzeit Stuttgart - München, rasche Zustellung der Post und Pakete ohne Ausbeutung der Mitarbeiter, zuverlässige und kundenfreundliche Bereitstellung von Telekommunikations-Infrastruktur, Energie, Wasser, usw.). Insofern ist S21 nicht nur als Großprojekt mit beschränktem Nutzen fragwürdig, sondern auch ein Symbol für eine veraltete Politik. Gerade deshalb wird darum so kräftig gerungen, weil sich die Mächtigen ungern ihre gewohnte Pfründe nehmen lassen, der Bürger aber nicht mehr bereit ist für alles und jedes zu bezahlen. Dass das gerade in Schwaben passiert, wo bereits 1514 mit den Tübinger Verträgen die Ausgabensucht des Fürsten beschränkt wurde, zeigt, dass man aus Geschichte lernen könnte.
 
Das Bild oben zeigt den am 29. September 2012 entgleisten IC. Die Entgleisung dürfte darauf zurück zu führen sein, dass man an eine Kurve eine Gegenkurve anschloss, ohne das dazwischen nötige grade Stück Gleis. Unter Modelleisenbahnern ein Anfängerfehler.
Carl-Josef Kutzbach
Freitag, 1. März 2013